Die “Anerkennung” des manipulierten Kindeswillens als Rettungsanker für überforderte Fachkräfte.
In familienpsychologischen Gutachten, Berichten der Jugendämter, der Verfahrensbeistände oder Familienberstungstellen lese ich regelmäßig den folgenden Satz, den Sie in der roten Sprechblase sehen: “Umgänge oder Kontakte, die gegen den Kindeswillen durchgesetzt werden, auch wenn dieser manipuliert ist, gefährden das Kindeswohl, weil sie Stressfaktoren auslösen und die Selbstwirksamkeit beeinträchtigen”.
Diese Prachtblüte der familienrechtlichen Logik erlebe ich in diversen Varianten, mal mit mehr mal mit weniger Fachbegriffen und mal mehr und mal weniger verschachtelt, je nach sprachlicher Gewandtheit und akademischer Vorbelastung der verfassenden Person.
Der Satz taucht erstaunlich oft dann auf, wenn alles irgendwie zu kompliziert wird und zu lange dauert, gefolgt von der inbrünstigen Beteuerung, dass das Kind jetzt zur Ruhe kommen müsse, mit einer anschließenden Umgangsaussetzung, oft gepaart mit einem Kontaktverbot und der schwammigen Empfehlung, dass der Kontakt erst dann aufgenommen werden sollte, wenn das Kind selbst den Wunsch danach verspürt und thematisiert.
Ein manipuliertes Kind darf nicht frei entscheiden!
Wie das gehen soll? Eine eher rhetorische Frage, mit der ich mich in meinen Social-Media-Kanälen oft genug befasst habe.
Ergebnis: es geht gar nicht und wird nicht gehen, was spätestens dann klar wird, sobald sich jemand wenigstens ansatzweise die Mühe gibt, jenseits der üblichen und weitestgehend geschmacksbefreiten familienrechtlichen Suppe zu denken.
Die festgefahrenen Handlungsmuster verlassen.
Liebe Fachleute, Kolleginnen und Kollegen, bitte denkt jenseits dieser Suppe.
Es ist die Manipulation selbst, welche das wertvolle Selbstwirksamkeitserleben der Kinder einschränkt und oft vollständig unterbindet, und zwar noch lange, bevor der vermeintliche Wille, den Papa oder die Mama nicht mehr sehen zu wollen, geäußert wird.
Bedeutet: Wenn Sie Manipulation festgestellt haben, sind das Selbstwirksamkeitserleben und die Selbstwahrnehmung des Kindes durch die Manipulation bereits längst beeinträchtigt, das Kindeswohl gefährdet und möglicherweise geschädigt.
Es ist die Manipulation selbst, die erhebliche Stressfaktoren auslöst und Kinder dazu zwingt, sich zu fügen und die Entscheidung gegen einen Elternteil zu treffen.
Beugen Sie dem vor.
Haben Sie den Mut.
Elterliche Manipulation unterbinden, um die Persönlichkeitsrechte des Kindes zu bewahren.
Erst wenn die Manipulation unterbunden wird, kann sich der Stresspegel normalisieren. Erst dann dürfen die Kinder ihre Selbstwirksamkeit wiedererlangen und ihre Persönlichkeitsentfaltung frei gestalten.
PS.: Das Bundesverfassungsgericht ist übrigens seit 2021 auch dieser Meinung. Mehr dazu hier.